Ökumenische Begegnung mit jungen Menschen aus Ometepe

Evangelischer Entwicklungsdienst fördert Zusammenarbeit mit Nicaraguanern

Seit über einer Woche sind sie nun da, die jungen Leute, die zum ersten Mal für eine dreiwöchige Reise nach Deutschland gekommen sind. Die Begegnung steht unter dem Motto „Ökumenische Zusammenarbeit fördern – miteinander leben, voneinander lernen“. 20 Oberbergerinnen hatten den Gästen einen herzlichen Empfang am Kölner Flughafen bereitet.

Gespannt, neugierig und müde vom langen Flug, traf die Gruppe am Flughafen ein. Die Flüge werden vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) finanziert. Untergebracht sind die Gäste in zwei Privatfamilien. An den Aufenthaltskosten haben sich viele Freunde und Förderer des Projektes beteiligt. Vorbereitet auf die „völlig andere Welt“ wurde die Gruppe im Juni 2010 durch Monika und Michael Höhn während ihres Aufenthaltes auf Ometepe, sowie durch den Leiter des Projektes, Agrar-Ingenieur Alcides Flores und die deutschstämmige Sozialpädagogin Karin Allgeier, die zugleich als Übersetzerin dabei ist.

Die Vorschullehrerin Mercedes Hernández Gutiérrez, 27 Jahre, unterrichtet seit 7 Jahren die Kinder der Vorschule, die vor 17 Jahren aus Spendengeldern gebaut werden konnte. José Antonio Ruiz, Lic., 25 Jahre, konnte durch Studienunterstützung ein Tourismusstudium abschließen und Luis Enrique Barahona, 28 Jahre alt ist fertiger Diplom-Betriebswirt. Manuel Antonio Gutiérrez Carillo wurde durch besondere Unterstützung der Lehrerin Karin Kost vom Berufskolleg Oberberg unterstützt und beendete gerade in diesem Jahr sein Studium als Diplom-Betriebswirt. Bislang wurde die entwicklungspolitische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit überwiegend von den aus Deutschland nach Nicaragua gereisten Interessenten.

Nun sind zum ersten Mal junge Menschen aus Ometepe gekommen, die als Multiplikatoren auch hier in Deutschland aktiv werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

war von Beginn an das Anliegen der Projektmitarbeiter, die nun ganz besonders erfreut darüber sind, dass aus ehemaligen Schülern der Projektschule inzwischen junge Erwachsene geworden sind, die von sich selbst und ihrem Land in Kindergärten, Schulen, Behinderteneinrichtungen, ökumenischen Arbeitskreisen, in Firmen, Hotels und im Weltladen authentisch berichten können.

Zentrale Zielsetzung der ökumenischen Lernreise

ist, auf beiden Seiten die Einsicht zu fördern, dass wir in einer Welt leben, für die wir gemeinsam Verantwortung tragen, für deren Erhalt wir gemeinsam verantwortlich sind und deren Güter gerecht verteilt werden sollten. Es soll versucht werden, die Ohnmacht vor den ungerechten wirtschaftlichen und sozialen Strukturen auf der Welt durch Suche nach Strategien für eine Änderung zu überwinden. Darüber hinaus soll der Austausch von Erfahrungen intensiviert und so ein Beitrag zur Überprüfung des eigenen Lebensstils hier, den Träumen von einem besseren Leben dort und zu einem stärkeren Engagement für die Menschen auf Ometepe geleistet werden. Dabei ist beabsichtigt, auch Lerneffekte in beiden Richtungen zu nutzen: Bei der Schulbildung beispielsweise kann in den Schulen hier mit der Begegnung der zunehmenden Vernachlässigung sozialer Kompetenzen entgegengewirkt werden und umgekehrt können z.B. Anregungen aufgenommen werden, wie in kindgerechter, spielerischer Form Wissen und Sozialverhalten vermittelt werden kann, ohne die Neugierde der Kinder, ihren Spaß am Lernen, abzutöten.

Auf dem Gebiet des Tourismus

sollen durch die Begegnung Möglichkeiten eines sozial und ökologisch orientierten und engagierten Tourismus erarbeitet und aufgezeigt werden. Andererseits können die Teilnehmer der Reisegruppe auch Eindrücke bezüglich der Möglichkeiten der Verbesserung der touristischen Dienstleistungen bzw. der touristischen Nutzung der Ressourcen ihrer Insel mitnehmen.

Zu Gast in den Behinderten-Einrichtungen

In diesen wenigen Tagen, die die Gäste in Wiehl sind, gab es bereits vielfältige Begegnungen. Anregungen und Einblicke von beiden Seiten, neue Vernetzungen, und freundschaftliche Verbindungen. Kindergärten, die Behinderten-Werkstätten Oberberg, die diakonische Einrichtung im Dorf Wald für psychisch Behinderte, die Helen-Keller-und die Hugo-Kückelhaus-Schule in Oberbantenberg und der Einblick in die physio- und ergotherapeutischen Angebote haben die jungen Leute besonders beeindruckt.

In der kleinen neuen Kapelle in Börnhausen-Wald erklärte der Leiter der Diakoneneinrichtung die Erstellung des Mosaikkreuzes und dessen Bedeutung. Für die überwiegend katholischen Gäste aus Nicaragua eine wunderbare Erfahrung.

Aber auch konfessionsübergreifende Kontakte

gehörten bereits zu ihrem Programm. So war das Fastenbrechen in der Engelskirchener Moschee – eine Einladung der türkischen Gemeinde zum traditionellen Essen während des Ramadans –und die Führung zweier junger Moscheführerinnen, die zum ersten Mal nach ihrer Ausbildung eine solche Führung veranstaltet hatten, eine völlig neue Erfahrung und vermittelte einen Einblick in das Thema „Migration in Deutschland“.

Sportveranstaltungen

verbinden Menschen aller Nationalitäten. So nahmen die TeilnehmerInnen bereits an der Einweihung der Tribüne der Walter-Lück-Sportanlage in Wiehl teil und erfuhren öffentlich vom Vorsitzenden des FV Wiehl, Manfred Noss, dass ausgemusterte Sporttrikots und Fussbälle künftig dem Ometepe-Projekt zur Verfügung gestellt werden.

Die Begegnung im Weltladen, bei der Caritas und bei privaten Einladungen haben die jungen Leute tief beeindruckt und alle sind gespannt auf das, was bis zu ihrer Abreise am 17.09.010 noch vor ihnen liegt.

Zum Ometepe-Fest am 11.09.010 laden sie herzlich ein und am 16.09.010 um 18 Uhr soll es noch einmal ein Abschiedsfest geben, an dem die Gruppe ihren Aufenthalt bilanzieren will, zu dem jeder sehr herzlich in die Behinderteneinrichtung (BWO) nach Wiehl-Faulmert eingeladen ist.

Zum Hintergrund

Das Ometepe-Projekt Nicaragua entstand 1993 auf Initiative des Berufschulpfarrers Michael Höhn und seiner Frau Monika Höhn als ein Initiativkreis innerhalb der Evangelischen Kirchengemeinde Gummersbach-Derschlag, Kirchenkreis An der Agger. Der Kreis versucht, durch verschiedene Aktivitäten an Schulen, in Kirchengemeinden und Gottesdiensten, durch Lesungen des Autorenehepaares Höhn über verschiedene Bücher zu Ometepe/ Nicaragua usw. Menschen in den Gemeinden und Kommunen für die Probleme Nicaraguas und hier besonders der Insel Ometepe im Nicaraguasee zu interessieren und ihnen Informationen dazu zukommen zu lassen. Von zentraler Bedeutung für den Erfolg des Initiativkreises ist die sehr aktive Öffentlichkeitsarbeit, die bislang vor allem durch die jährlich stattfindenden Reisen interessierter junger und älterer Menschen aus Deutschland nach Nicaragua, auf die Insel Ometepe, gespeist wird. Die Teilnehmer bezahlen ihre Reisen und den Aufenthalt selbst. Sie sind als Multiplikatoren für die Situation der Menschen auf der Insel von unschätzbarem Wert.

Der Ev. Kirchenkreises An der Agger verwaltet die Gelder des Projektes. Durch die ökumenische Zusammenarbeit mit dem katholischen Kindermissionswerk „Die Sternsinger“ können die Überweisungen auf die Insel Ometepe noch um 15 % für die Verbesserung der Ernährung der Kinder auf der Insel aufgestockt werden. In den letzten 15 Jahren konnte so auf der Insel eine Schule, ein Behindertenzentrum, eine kleine Klinik und ein Basisgesundheitsdienst für die Gemeinden um den Vulkan Maderas aufgebaut werden. Vorrangig aber ist für die Arbeit die Information über die Menschen in Ometepe. Dass daraus die Frage nach möglicher Hilfe nicht abgelehnt wird, ist natürlich; so ergibt sich ein Spendenaufkommen, das in guter Weise unter entwicklungspolitischen Kriterien vergeben wird. Nachhaltigkeit ist für uns ein selbstverständliches Kriterium bei der Vergabe. Und auf diese Weise erreichen wir die stetige Information über Ometepe und nicht nur ab und zu eine kleine Rechenschaft.

Die Unterstützer des Projektes haben von 1993 bis zum Sommer 2010 insgesamt ca. 1.500.000,00 US$ für die Arbeit des Projektes nach Ometepe überwiesen.

Ausführliche Beschreibung des Vorhabens

Einbindung des Vorhabens in das entwicklungsbezogene Engagement der Gruppe Gesundheit und Bildung sind seit Beginn des Projektes Schwerpunkte der Arbeit. Dabei werden diese Bereiche nicht isoliert, sondern in enger Abhängigkeit zwischen beiden und den übrigen Lebensbedingungen der Menschen, wie Ernährung, Hygiene, Arbeitsmöglichkeiten, Wohnsituation, usw. gesehen.

Im Bereich der Bildung ist das Projekt auf den Gebieten Vorschulerziehung, Schulbildung (erste Grundschuljahre), Alphabetisierung Erwachsener, Studienförderung und Bibliothek tätig.

Unter Anleitung der Lehrerin Mercedes Hernández Gutierrez, die auch zur vorgesehenen Reisegruppe gehört, werden ca. 20 Kinder spielerisch auf den Schulbesuch vorbereitet. Alle Kinder erhalten täglich eine Mahlzeit.

Der Grundschulbesuch in Santo Domingo, derzeit noch bis zum 4. Schuljahr, ist kostenlos und das Projekt hilft auch bei Schulkleidung und -utensilien, wenn dies notwendig ist. Alphabetisierung Erwachsener schien notwendig, da diese Menschen oft, als sie Kinder waren, von ihren Eltern nicht zur Schule geschickt wurden, weil sie auf dem Feld bei der Arbeit helfen mussten oder kein Geld für die Kosten hatten.

Die Bibliothek in Altagracia soll zur Verbreitung der in Nicaragua nicht sehr ausgeprägten Lesegewohnheit beitragen.

Begabte, mittellose StudentInnen können ein Stipendium zwischen 25 und 100 US$ pro Monat erhalten. Sie sind aber verpflichtet, dieses in Raten zurückzuzahlen, damit auch andere in den Genuss einer Förderung kommen können.

Im Bereich der Gesundheit gibt es in Santo Domingo eine kleine Klinik für Allgemein- und Zahnmedizin und Physiotherapie. Neben den Behandlungen finden hier auch Informationsveranstaltungen über Hygiene, Schwangerschaft, Geburt, Empfängnisverhütung und Ernährung statt.

Ein Ambulanzauto sorgt in Koordination mit dem staatlichen Gesundheitsministerium in den entlegenen Dörfern um den Vulkan Maderas für die notwendige gesundheitliche Basisversorgung.

Beratung von Frauen bei ihren spezifischen Problemen findet sowohl in der Klinik in Santo Domingo als auch in den Dörfern durch die Psychologin und einer Lehrerin statt. Die Themen sind interfamiliäre Gewalt und Gewaltprävention, Aufklärung, frühkindliche Stimulation und Trauerbewältigung. In ihren ökonomischen Aktivitäten werden Frauen durch Kleinkredite bis zu 200 US$ (wie die Männer) und durch kostenlose Bereitstellung von Zäunen für Hausgärten zum Gemüseanbau gefördert.

Die Einbindung der ökumenischen Lernreise erfolgt durch Zusammenführung der Teilnehmenden mit verschiedenen Gesprächspartnern, die auch Zielgruppe der Öffentlichkeitsarbeit des Projektes sind. Während der Reise sollen die Teilnehmer aus ihrer Sicht die sozioökonomische Situation in ihrem Land, auf ihrer Insel, in ihren Dörfern und Familien darstellen. Sie sollen dabei auch ihre eigenen Anstrengungen – mit und ohne finanzielle Hilfe des Projekts – zur Verbesserung der Situation vermitteln. Umgekehrt sollen sie sich auch über die Situation in den Bereichen Vorschulerziehung, Schulbildung, Berufsausbildung, Gesundheitswesen einschließlich Wasserversorgung und Müllbeseitigung und Situation der Frauen in Deutschland informieren.

Inhalte und Ablauf der Vor- und Nachbereitung der Begegnung

In Nicaragua werden die Teilnehmenden durch die Sozialpädagogin Karen Allgeier auf den Besuch bei den verschiedenen Einrichtungen in Deutschland vorbereitet. Dies geschieht anhand eines Leitfadens, der sich an den Empfehlungen des EED orientiert. Bereits seit Oktober 2009 finden dazu in dem Ort Balgüe auf Ometepe regelmäßig Treffen statt. Aus dem oben aufgeführten Programm ist bereits ersichtlich, dass schon während des Aufenthalts hier Reflektionsrunden vorgesehen sind, bei denen die Teilnehmer ihre Erfahrungen artikulieren und aufarbeiten und so auch Einfluss auf die weitere Umsetzung des Programms nehmen können. Zum Ende des Aufenthalts wird eine Evaluation zur Einschätzung der gemeinsamen Erfahrungen und zur Festlegung von Eckpunkten der Weiterarbeit durchgeführt werden.

In Nicaragua sollen dann die Erfahrungen und Eindrücke über Vorträge, Seminare und Gespräche mit anderen Jugendlichen und Schülern geteilt werden. Es wird sich dann zeigen, ob sich daraus ein nachhaltiger Impuls zur Weiterarbeit ergeben kann.

Für die Richtigkeit:
Monika und Michael Höhn
8. September 2010

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